Die EZB hat die Zinsen gesenkt

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Anfang Juni die Leitzinsen um 25 Basispunkte gesenkt. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt seitdem bei 4,25 % und der Einlagesatz bei 3,75 %. Auf der Sitzung Mitte Juli hat die EZB keine Veränderungen vorgenommen und auch keine Hinweise auf kurz bevorstehende Schritte gegeben. Nach der jetzt beginnenden Sommerpause trifft sich der EZB-Rat Mitte September wieder. Die Zinssenkung im Juni kam nicht überraschend, hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde diese im Voraus quasi angekündigt. Die Zinsen nicht zu senken, wäre von den Marktteilnehmer:innen wohl mit einem großen Vertrauensverlust quittiert worden. Dennoch ist es unverständlich, warum sich die EZB im aktuellen Marktumfeld so früh auf eine Zinssenkung festgelegt hat.

Denn wirft man einen Blick auf die Inflationsraten, sieht man, dass der Inflationsrückgang ins Stocken geraten ist. Die Teuerungsrate ist im Juni nur leicht auf 2,5 % gesunken, die Kerninflationsrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) verharrte bei 2,9 %. Damit lag die Inflation bis zuletzt weiter über dem langfristigen EZB-Ziel von 2 %. Die EZB hat zudem auf der Juni-Sitzung ihre eigene Inflationsprognose für dieses Jahr sogar angehoben – und zwar um zwei Zehntel auf 2,5 %. Im nächsten Jahr sieht sie die Inflation bei 2,2 %, was ebenfalls zwei Zehntel höher ist im Vergleich zu ihrer vorherigen Prognose. Ein Inflationstreiber ist das starke Lohnwachstum, das in der Eurozone im ersten Quartal bei 4,7 % lag. Es droht weiterhin eine Lohn-Preis-Spirale, vor allem im Dienstleistungssektor. Viele Marktbeobachter:innen gehen davon aus, dass sich die Inflation mit Blick auf die Kernteuerungsrate eher bei 3 % als bei 2 % einpendeln dürfte. Der Rückgang auf das 2 %-Ziel der EZB gestaltet sich jedenfalls schwierig.

Die EZB und Fed agieren unterschiedlich - Grafik 1 — Zu Grafik 1: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: FactSet; Stand 18. Juli 2024

Christine Lagarde und andere EZB-Vertreter:innen haben mittlerweile versucht, die selbst geschürten Zinssenkungserwartungen wieder zu dämpfen. So wurde Christine Lagarde wenige Tage nach der Juni-Sitzung unter anderem wie folgt zitiert: „Wir müssen den Fuß noch eine Weile auf der Bremse lassen. Die Zinswende bedeutet nicht, dass die Zinsen sich jetzt linear nach unten bewegen.“ Gerade letzter Satz ist ein klarer Hinweis darauf, dass die Zinssenkung im Juni nicht der Auftakt zu einem Zinssenkungszyklus war. Die Marktteilnehmer:innen waren ohnehin schon früh skeptisch geworden und haben ihre zu Jahresbeginn äußerst aggressiven Zinssenkungserwartungen in den letzten Monaten deutlich zurückgenommen. Aktuell sind bis Jahresende zwei Zinssenkungen am Markt fast vollständig eingepreist. Auf eine erwartete Senkung im September dürfte demnach im Dezember noch ein weiterer Schritt folgen. Da jedoch nicht davon auszugehen ist, dass die Inflation in den kommenden Monaten spürbar an Dynamik verliert, müsste sich die Konjunktur in der Eurozone wohl merklich abschwächen, um eine baldige Zinssenkung zu rechtfertigen. Die letzten Konjunkturdaten deuteten allerdings eher darauf hin, dass die Wirtschaft die Talsohle durchschritten hat und sich – wenn auch moderat – erholt.

Mit der üblichen Verzögerung von einigen Tagen haben sich die reduzierten Leitzinsen der EZB in den Marktsätzen der Eurozone widergespiegelt. Das heißt, auf der einen Seite sind Kredite günstiger geworden, auf der anderen Seite werden Spareinlagen aber auch niedriger verzinst.

Die Fed wartet ab

Im Gegensatz zur EZB hat sich die US-Notenbank Fed in den letzten Monaten zurückhaltender gezeigt. Sie wartet mit einer Zinssenkung noch ab und agiert datenabhängig, wie sie mehrfach kommuniziert hat. Die Zinsen in den USA liegen seit mittlerweile zwölf Monaten bei 5,50 %. Und die Fed hat keine Eile, die Zinsen zu senken. Denn trotz der Zinserhöhungen in den vergangenen beiden Jahren zeigt sich die US-Wirtschaft noch stark und bewegt sich nahe des Potenzialwachstums von 2 %. Eine Rezession ist in den USA nicht in Sicht. Zu der von vielen Marktbeobachter:innen erwarteten „harten Landung“ der US-Wirtschaft ist es bislang nicht gekommen. Vielmehr hat sich deren Erwartung mittlerweile spürbar gewandelt – hin zu einer „weichen Landung“. Das heißt, die Mehrheit geht davon aus, dass die Wirtschaft trotz der hohen Zinsen weiter wächst oder zumindest nicht schrumpft.

Ein weiterer Aspekt, warum die Fed noch nicht gehandelt hat, ist die auch in den USA hartnäckige Inflation. Die Fed sieht nur moderate Fortschritte bei der Entwicklung der Teuerungsrate. Ähnlich wie die EZB hat auch die Fed ihre Inflationsprognose etwas angehoben (auf 2,8 % im vierten Quartal 2024). Es dauert also auch in den USA länger, bis das 2 %-Ziel erreicht ist. Dort steigen vor allem die Dienstleistungspreise noch deutlich stärker als früher – und die US-Wirtschaft ist dienstleistungslastig. Wie in der Eurozone ist in den USA das Lohnwachstum ebenfalls noch hoch, auch wenn der Lohndruck schon seit einiger Zeit abnimmt. Der Arbeitsmarkt bleibt trotz einer Abkühlung relativ angespannt. Die Fed will sich aber sicher sein, dass sich die Inflation nachhaltig in Richtung ihres Ziels bewegt, bevor sie die Zinsen senkt. Denn andernfalls droht ein Wiederaufflammen der Inflation und die Fed müsste wieder umschwenken. Auch wenn der Fed-Vorsitzende Jerome Powell es für unwahrscheinlich hält, hat die Fed übrigens Zinserhöhungen nicht explizit ausgeschlossen, sollte die Teuerungsrate doch wieder (kräftig) steigen. Die jüngst für Juni veröffentlichten Inflationsdaten dürften der Fed in die Karten spielen. Die Gesamtrate ist im letzten Monat etwas stärker als erwartet auf 3,0 % gesunken und die Kernrate auf 3,3 % zurückgegangen.

Die Inflation liegt noch über dem 2 %-Ziel von EZB und Fed - Grafik 2 — Zu Grafik 2: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: FactSet; Stand 17. Juli 2024

Die Fed-Mitglieder erwarten seit ihrer letzten Sitzung Mitte Juni angesichts der höheren Inflationsprognose heuer nur noch eine Zinssenkung und haben ihre vorherige Prognose von drei Zinssenkungen damit deutlich reduziert. Die Marktteilnehmer:innen hatten schon zuvor mehrere Zinsschritte ausgepreist. Nach den letzten Inflationszahlen sehen sie eine Zinssenkung im September. Auf diese dürfte demnach noch eine weitere im Dezember folgen. Dafür müsste die Inflation aber wohl weiter zurückgehen und die US-Wirtschaft mehr zur Schwäche neigen. Auf der kommenden Sitzung Ende Juli dürfte die Fed ihre Zins- und Geldpolitik nicht ändern.

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Marketingmitteilung
Stand 19.07.2024

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