Die EZB hat nochmals die Zinsen erhöht

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat seit Juli letzten Jahres die Leitzinsen mittlerweile um 425 Basispunkte angehoben. Die Zinserhöhung am 27. Juli war die neunte in Folge. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt jetzt bei 4,25 %, der Einlagesatz bei 3,75 % (Grafik 1). Die jüngste Zinserhöhung wurde von EZB-Präsidentin Christine Lagarde schon weit im Voraus quasi angekündigt. Das zukünftige Vorgehen ist laut Lagarde überwiegend datenabhängig. Das heißt, die EZB wird von Sitzung zu Sitzung beurteilen, wie die bisherigen Zinsanhebungen zum Beispiel auf die Inflation und die Wirtschaft in der Eurozone gewirkt haben, und darauf basierend entscheiden, ob sie die Zinsen noch weiter erhöht. Einer schnellen Zinssenkung hatte Lagarde zuvor schon eine Absage erteilt. Neben der Zinserhöhung hat die EZB ihre Geldpolitik auch anderweitig weiter gestrafft: Seit Anfang Juli werden fällige Anleihen aus dem 2015 aufgelegten APP-Programm nicht mehr reinvestiert. Das bedeutet, dass sich der Bilanzabbau von 15 Mrd. Euro auf durchschnittlich 25 Mrd. Euro pro Monat beschleunigt. Seit Dezember letzten Jahres hat die EZB ihre Bilanz um knapp 1.300 Mrd. Euro abgebaut. Dies hört sich zwar im ersten Moment viel an, muss aber in Relation zum zuvor erfolgten massiven Bilanzaufbau von fast 7.000 Mrd. Euro seit Anfang 2015 gesetzt werden.

Leitzinsen im Überblick - Grafik 1 — Zu Grafik 1: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: Factset Stand: 27.07.2023

Gegen weitere Zinserhöhungen spricht, dass über der Wirtschaft in der Eurozone mittlerweile dunklere Wolken aufgezogen sind – einige wichtige Frühindikatoren wie zum Beispiel die Einkaufsmanagerindizes zeigen nach unten, viele Banken haben ihre Kreditvergabestandards spürbar verschärft, Konjunkturdaten lagen zuletzt vermehrt unter den Erwartungen – und dass die Konjunktur vollends abgewürgt werden könnte. Die Bürger der Eurozone sahen sich im Winterhalbjahr 2022/23 (viertes Quartal 2022 und erstes Quartal 2023) einem inflationsbedingten Kaufkrafteinbruch gegenüber und die Wirtschaft ist nur gerade so an einer Rezession vorbeigeschrammt. Nach einem wahrscheinlich positiven Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal 2023 droht in der zweiten Jahreshälfte aber ein Abrutschen in die Rezession. Für weitere Zinserhöhungen spricht wiederum die noch hartnäckige Inflation. Zwar ist die Gesamt-Inflationsrate im Juni auf 5,5 % gefallen, die Kerninflationsrate lag mit ebenfalls 5,5 % aber wieder etwas höher als im Vormonat (Grafik 2). Dies ist in erster Linie auf Sonderfaktoren wie den Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket in Deutschland zurückzuführen, welche in wenigen Monaten wieder aus der Gleichung herausfallen. Die EZB befindet sind also in einer Zwickmühle: Auf der einen Seite müsste sie eigentlich mit weiter steigenden Zinsen die Inflation nachhaltig bekämpfen, auf der anderen Seite möchte sie aber auch keinen zu starken Wirtschaftsabschwung riskieren. Denn Letzterer würde die EZB wohl zwingen, die Zinsen schneller als gewollt senken zu müssen, was aber der Inflation wieder einen Schub geben könnte. Die EZB geht zwar davon aus, dass sich die Inflation ihrem 2 %-Ziel annähern wird, aber selbst im Jahr 2025 noch darüber liegt.

Nach der jetzt erfolgten Zinserhöhung sehen die Marktteilnehmer:innen nur noch wenig Spielraum für weiter steigende Zinsen. Ein abermaliger Zinsschritt ist nicht vollständig eingepreist. Dabei spielen wohl Überlegungen eine Rolle, dass die Inflation weiter zurückkommen wird und sich die Konjunkturaussichten weiter eintrüben werden. Letzteres wird dadurch untermauert, dass die Zinsstrukturkurven stark invers sind, das heißt, die Renditen kürzer laufender Staatsanleihen sind höher als die länger laufender, was in der Vergangenheit fast immer ein trefflicher Indikator für eine Rezession war. Die Marktteilnehmer:innen sehen diesen Aspekt bislang aber noch recht gelassen und gehen offenbar nicht von einem sogenannten hard landing der Wirtschaft aus.

Auch die Fed hat die Zinsen nachgezogen

Die US-Notenbank Fed hat nach einer Pause die Zinsen auf der Sitzung am 26. Juli weiter angehoben und damit ihren Zinserhöhungszyklus fortgesetzt. Die Obergrenze der Leitzinsen liegt nun bei 5,5 % (Grafik 1). Damit hat die Fed die Zinsen seit März letzten Jahres um 525 Basispunkte angehoben, was als historisch zu bezeichnen ist. Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell hatte zuvor bereits klargemacht, dass die Pause nicht das Ende der Zinserhöhungen darstelle, sondern das weitere Vorgehen der US-Notenbank datenabhängig sei. Er hat sich die Option für weitere Zinsschritte offen gehalten. Die Daten geben der Fed Spielraum, die Zinsen weiter zu erhöhen. So ist in den USA noch keine Wirtschaftsschwäche zu erkennen. In den letzten Monaten überraschte insbesondere der private Konsum positiv. Der Arbeitsmarkt hat sich mittlerweile zwar etwas abgekühlt, ist aber weiterhin sehr angespannt. Im ersten Halbjahr wurden 1,67 Mio. neue Stellen geschaffen. Die Fed hat auf der Sitzung Mitte Juni ihre eigene Prognose der Arbeitslosenrate nach unten revidiert, das heißt sie geht auf absehbare Zeit nicht von einer vermehrten Arbeitslosigkeit aus. Gleichzeitig zeigt auch die in den USA noch hartnäckige Inflation, dass für die Fed noch Handlungsbedarf besteht. Die Gesamt-Inflation ist im Juni zwar auf 3,0 % gefallen – der tiefste Stand seit März 2021 –, sie lag damit aber noch über dem Fed-Ziel von 2 %. Die bisher recht zähe Kern-Inflationsrate folgt der Gesamtrate langsam nach unten (zuletzt 4,8 %; Grafik 2). Die Fed hatte jüngst ihre Inflationsprognose zum Jahresende nach oben revidiert. Die robusten Konjunkturdaten und die noch erhöhte Inflation haben die Notenbank-Mitglieder dazu veranlasst, ihre Zinsprojektionen nach oben anzupassen. Gemäß den sogenannten Dot Plots ist bis zum Jahresende noch eine weitere Zinserhöhung der Fed zu erwarten.

Kern-Inflationsrate geht nur langsam zurück - Grafik 2 — Zu Grafik 2: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: Factset Stand: 30.06.2023

Die Marktteilnehmer:innen haben da jedoch nicht mitgezogen. Sie setzen mittlerweile nicht mehr darauf, dass die Fed die Zinsen in diesem Jahr nochmals anheben wird. Allerdings gehen sie auch nicht davon aus, dass die US-Notenbank die Zinsen schon bis Jahresende wieder senken wird. Die Marktteilnehmer:innen unterstellen Zinssenkungen im Umfang von 125 Basispunkten im kommenden Jahr, wobei sie ein etwas schnelleres Vorgehen der Fed erwarten als die US-Währungshüter selbst projizieren. In der Vergangenheit hat die Fed die Zinsen stets nur für einige Monate hoch gehalten. Auf Zinserhöhungen sind relativ schnell Zinssenkungen gefolgt. Ob das auch diesmal der Fall ist, wird – wie von Powell mehrfach betont – datenabhängig sein.

Noch stärker invers als in der Eurozone ist die Zinsstrukturkurve in den USA, was zur Vorsicht mahnt. Die Rendite zweijähriger US-Staatsanleihen lag zwischenzeitlich mehr als 100 Basispunkte über der Rendite zehnjähriger Staatspapiere. Diese Renditedifferenz ist historisch. Zu einer Anpassung der Renditen, das heißt eine Verflachung der Zinsstrukturkurve, dürfte es erst im Falle eines Wirtschaftsabschwungs kommen oder wenn die Fed die Zinsen aus anderweitigen Gründen senken sollte.

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Marketingmitteilung
Stand 28.07.2023

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