Mit Beginn des Hochsommermonats August hatte sich die Stimmung an den Kapitalmärkten deutlich gewandelt: Aus dem Optimismus der Marktteilnehmer:innen war Panik geworden. Die Marktteilnehmer:innen sind regelrecht aus riskanten Anlageklassen wie Aktien geflohen und hatten dadurch viele Indizes stark unter Druck gesetzt. Mittlerweile hat sich die Lage wieder beruhigt. Wir werfen einen Blick auf die Hintergründe des Stimmungsumschwungs und sehen, dass die Lage eigentlich gar nicht so düster ist.

Abverkauf

Nach dem starken ersten Halbjahr und dem noch halbwegs guten Juli sind viele Aktienmärkte im August vorübergehend unter die Räder geraten. Der Abverkauf erstreckte sich über die gesamte Breite des Marktes und wurde noch dadurch verstärkt, dass wichtige technische Marken gerissen wurden, die zu automatischen Anschlussverkäufen führten. Auch waren viele Märkte zuvor „überkauft“. Die Verluste waren dort am größten, wo es zuvor die stärksten Gewinne gab. In Phasen erinnerte der Abverkauf an die Corona-Zeit. Es kommt selten vor, dass ein Aktienindex wie der japanische Nikkei 225 an einem Tag zweistellig verliert. Zwischenzeitlich war der Index im August fast 20 % im Minus, womit er alle zuvor in diesem Jahr aufgelaufenen Gewinne abgegeben hatte. Auch die Rückgänge der europäischen und US-Indizes waren deutlich. Der VIX-Index, der die Volatilität des S&P 500 misst, war an einem Tag auf über 65 nach oben gesprungen. Dies ist ein Wert aus Krisenzeiten. Mittlerweile ist er wieder unter sein Ausgangsniveau zurückgefallen, notiert aber über dem Durchschnitt der ersten sieben Monate des Jahres. Unmittelbar nach dem Einbruch gab es eine deutliche Gegenbewegung, im Rahmen derer die Aktienmärkte einen Großteil ihrer Verluste aufholten und der Nikkei 225 sogar zweistellig zulegte. Ihre (Allzeit-)hochs aus dem Juli haben sie aber noch nicht wieder erreicht. Der Nikkei 225 notiert noch rund 15 % darunter, der S&P 500 knapp 6 % und der europäische Stoxx 600 liegt noch fast 5 % unter seinem Hoch.

Auf Einbruch folgt schnelle Erholung — Quelle: FactSet; Stand 13. August 2024; Alle Angaben in Euro.

Blick auf die anderen Asset-Klassen

Während sich die Marktteilnehmer:innen von Aktien getrennt haben, waren Staatsanleihen als sicherer Hafen gefragt. Dies hatte zur Folge, dass die Renditen von europäischen und US-Staatsanleihen über die gesamte Zinsstrukturkurve hinweg deutlich gefallen waren. Die Renditen zwei- und zehnjähriger deutscher Bundesanleihen, stellvertretend für die Eurozone, waren in den ersten zwei Handelstagen im August um 18 bzw. 13 Basispunkte gefallen. Bei US Treasuries ging es sogar um 38 bzw. 24 Basispunkte nach unten. Die Renditen hatten in den Wochen zuvor schon kräftig nachgegeben. Sowohl im zwei- als auch im zehnjährigen Bereich wurde in den USA die 4 %-Marke zeitweise unterschritten. Mittlerweile sind die Renditen wieder etwas gestiegen, da sich die Lage an den Kapitalmärkten beruhigt hat. Auffallend ist, dass die Zinsstrukturkurven nach den kräftigen Bewegungen der letzten Wochen kaum noch invers sind. In den USA liegt die Rendite zweijähriger Staatsanleihen nur noch 11 Basispunkte über der zehnjähriger. Gold war in seiner Eigenschaft als sicherer Hafen ebenfalls gefragt. Es hat sich dem Abwärtssog entzogen und seine zuvor erreichten Preisniveaus weitgehend verteidigt. Während auf der Währungsseite der US-Dollar etwas abgewertet hat, hat der Schweizer Franken von der Unruhe profitiert.

Auslöser für den Abverkauf

Viele Marktbeobachter:innen machen im Wesentlichen zwei Gründe für die Korrektur an den Aktienmärkten verantwortlich: Die aktuelle Berichtssaison und schwache Konjunkturdaten in den USA. Im Rahmen der nun bald beendeten Berichtssaison haben die meisten Unternehmen zwar gute Zahlen präsentiert. Sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn haben in den USA 48 % bzw. 79 % der Unternehmen positiv überrascht. In Europa sind diese Werte mit 50 % bzw. 55 % vergleichbar. Die Unternehmen gaben aber oftmals einen eher verhaltenen Ausblick, der auf sehr hohe Erwartungen der Marktteilnehmer:innen traf, die folglich enttäuscht wurden. Einzelne Aktien wurden in Reaktion darauf abgestraft und haben zweistellig verloren.

Am Konjunkturhimmel hatten sich die Wolken bereits im Juli verdüstert und die veröffentlichten Wirtschaftsdaten lagen sowohl in Europa als auch in den USA unter den Erwartungen. Infolgedessen war schon im Juli etwas Unruhe in die Kapitalmärkte eingekehrt. Nach den starken Quartalen zuvor war allerdings zu erwarten, dass vor allem die Wirtschaft in den USA an Schwung verliert. Die Veröffentlichung des schwachen Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe, ein Stimmungsbarometer der Unternehmen, und insbesondere des verhaltenen Arbeitsmarktberichtes Anfang August haben schließlich unter den Marktteilnehmer:innen Sorgen geschürt, dass die US-Wirtschaft doch in eine Rezession abrutschen könnte. In diesem Zusammenhang wurden zugleich Vorwürfe an die US-Notenbank Fed laut, dass diese zu lange mit Zinssenkungen gewartet hätte und so die Wirtschaft belasten würde. Im Juli wurden in den USA deutlich weniger neue Stellen geschaffen als erwartet und die Arbeitslosenquote ist überraschend gestiegen. Dadurch wurde die viel beachtete und zuletzt oft erwähnte „Sahm-Regel“ ausgelöst. Denn die Arbeitslosenquote lag mit 4,3 % im Juli 0,5 %-Punkte über dem Tiefpunkt der letzten zwölf Monate, was gemäß dieser Regel den Beginn einer Rezession markiert. Die Regel wurde von der US-Ökonomin Claudia Sahm aufgestellt, die mehrere Jahre für die Fed gearbeitet hat. Sie hat alle Rezessionen in den USA seit den 1960er Jahren korrekt angezeigt.

Die Sahm-Regel deutet auf eine Rezession in den USA hin — Quelle: Federal Reserve Bank of St. Louis, NBER, FactSet; Stand 31. Juli 2024

Es ist nicht so schlecht, wie es auf den ersten Blick aussieht

Auf die Arbeitsmarktdaten und die Sorgen der Marktteilnehmer:innen vor einer Rezession der US-Wirtschaft lohnt ein zweiter Blick, der die Daten und Sorgen etwas relativiert. Die „Sahm-Regel“ hat in der Vergangenheit die Warnschwelle üblicherweise zwei bis drei Monate nach Beginn einer Rezession ausgelöst. Demzufolge hätte der Konjunkturzyklus in den USA bereits im April seinen Höhepunkt erreicht. Allerdings ist die US-Wirtschaft im zweiten Quartal noch um 2,8 % gegenüber dem Vorjahr gewachsen (auf die Jahresrate hochgerechnet). Und die für das National Bureau of Economic Research zur Definition einer Rezession maßgeblichen Konjunkturindikatoren (Industrieproduktion, privater Verbrauch, Einkommen, Beschäftigung) sind seit April weiter gestiegen, was nicht auf einen Abschwung hindeutet. Ein Aufbau von 114 Tsd. Stellen im Juli wäre vor der Corona-Krise noch als „normal“ bezeichnet worden. Der jüngste Anstieg der Arbeitslosenquote geht außerdem zu einem Großteil darauf zurück, dass mehr Menschen Arbeit suchen, auch wegen der verstärkten Immigration. Die US-Unternehmen halten sich derzeit mit Entlassungen noch zurück, was bedeutet, dass Arbeitskräfte weiter gefragt sind. Die Bedingungen am Arbeitsmarkt sind zwar weniger gut, aber nicht wirklich schlecht geworden. Und zu guter Letzt war der Arbeitsmarktbericht durch Hurrikan „Beryl“ beeinflusst, der die Datenerfassung wahrscheinlich beeinträchtigt hat.

Sonst typische Indizien einer Rezession sind bislang ebenfalls nicht zu erkennen. Die jüngste Korrektur an den Aktienmärkten war nicht das Platzen einer Blase. Die Aktienmärkte sind trotz des Rückgangs noch immer in der Nähe ihrer Höchststände und die Immobilienpreise scheinen einen Boden gefunden zu haben und steigen mittlerweile wieder. Ebenso ist kein Energiepreisschock auszumachen, trotz des andauernden Russland-Ukraine-Krieges und der Spannungen im Nahen Osten. In den USA ist darüber hinaus keine Überschuldung der Haushalte oder Unternehmen zu messen. Die Schulden der Haushalte sind seit dem 2008 erreichten Hoch stetig gefallen. Zuletzt gab es zwar in Teilbereichen wie zum Beispiel Kreditkartenschulden steigende Ausfallraten. Diese machen aber nur einen kleinen Teil der gesamten Konsumentenkredite aus. Die Fiskalpolitik bleibt in den USA relativ locker und die Banken zeigen sich bei der Kreditvergabe wieder entspannter. In einem Abschwung wäre dagegen eine strikte Kreditvergabe zu erwarten. Die durch die Marktbewegungen fast vollständig verflachte Zinsstrukturkurve ist ebenfalls kein Indikator mehr für eine Rezession. In der Vergangenheit ging eine inverse Zinsstrukturkurve (die Renditen kürzer laufender Staatsanleihen liegen über denen länger laufender) oftmals einer Rezession voraus.

Ein Indiz, das jedoch für eine Rezession spricht, sind die hohen Zinsen, genauer gesagt die Realzinsen (Nominalzinsen abzüglich der Inflation). In den USA wurden Rezessionen in der Vergangenheit oftmals durch massive Zinserhöhungen der Fed ausgelöst. Und die Fed hat bekanntermaßen den Leitzins zwischen März 2022 und Juli 2023 um insgesamt 525 Basispunkte angehoben. Eine erste Zinssenkung wurde von Fed-Chef Jerome Powell für die September-Sitzung in Aussicht gestellt. Durch die Zinserhöhungen und den Rückgang der Inflation ist der Realzins in den letzten Jahren stark gestiegen. Als restriktiv – und damit wirtschaftsschädlich – bezeichnet man die Geldpolitik dann, wenn der Realzins über seinem neutralen Niveau liegt, das heißt dem Zins, bei dem die Geldpolitik die Wirtschaft weder anschiebt noch bremst. Aktuell liegt der Realzins je nach Berechnung mit 2,3-2,9 % über dem neutralen Niveau, das auf 1,2 % taxiert wird.

Verhalten verschiedener Anlegergruppen

Wie eingangs erwähnt haben technische Verkäufe stark zum Einbruch an den Aktienmärkten zu Monatsbeginn beigetragen. Rein quantitative Investmentstrategien haben zahlreiche Verkaufsaufträge ausgelöst, die die Kurse immer weiter nach unten getrieben haben. Von der aufgekommenen Panik haben sich vor allem Privatanleger:innen anstecken lassen, die in den Rückgang hinein ebenfalls Positionen verkauft haben. Dagegen haben institutionelle Investor:innen Ruhe bewahrt und den kräftigen Rücksetzer Berichten zufolge zu Käufen genutzt. Insbesondere Hedge-Fonds sollen aktiv gewesen sein. In der Vergangenheit hat es sich oftmals ausgezahlt, nach einer Korrekturbewegung zu kaufen. Korrekturen gehören zu einem langfristigen Aufwärtstrend dazu und sind quasi heilend. Denn der darauffolgende Anstieg beruht meistens auf einer solideren Basis, da die „zittrigen Hände“ während eines Rücksetzers aus dem Markt gespült werden. Korrekturen waren in der Vergangenheit in einem „Bullen-Markt“ zwar durchaus heftig und mit hohen Verlusten verbunden. Der darauffolgende Anstieg war aber oftmals ebenso rasant.

Fazit

Auch wenn die Wolken am Konjunkturhimmel in den letzten Wochen dunkler geworden sind, gibt es bislang kaum Anzeichen einer Rezession in den USA. Vielmehr ist aus heutiger Sicht eine Wachstumsverlangsamung zu erwarten. In der Vergangenheit musste es zu einer wirtschaftlichen oder finanziellen Krise kommen, damit die US-Wirtschaft in eine Rezession abgerutscht ist. Eine solche ist derzeit aber nicht auszumachen. Dennoch könnten die Marktteilnehmer:innen abwarten, ob eine Konjunkturabschwächung in den USA deutlicher erkennbar wird. Die Marktteilnehmer:innen dürften sensibel auf die Veröffentlichung von Konjunkturdaten reagieren, was mit einer höheren Volatilität an den Kapitalmärkten einhergehen könnte. Anleger:innen sollten dennoch Ruhe bewahren.

Wichtige Hinweise

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Marketingmitteilung
Stand 13.08.2024

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