“Es ist schon ein seltsames Marktumfeld, in dem wir uns derzeit befinden”, sagt Nils Kottke, Mitglied des Vorstandes im Bankhaus Spängler. “Auf der einen Seite sind die Sorgen über die weitere wirtschaftliche Entwicklung groß, auf der anderen Seite erreichen uns laufend Jubelmeldungen über neue Höchststände an den Kapitalmärkten.” Fakt ist: Der Konjunkturmotor ist weltweit ins Stottern geraten. Die offenen Fragen lauten derzeit vor allem: Wann und wie kann sich die Wirtschaft in Europa erholen und wie stark kann eine mögliche konjunkturelle Abkühlung in den USA ausfallen?

“Die Stimmung ist vor allem im Industriesektor eingetrübt. Das zeigt auch ein Blick auf die wichtigsten Einkaufsmanagerindizes in Europa und den USA”, erklärt Markus Dürnberger, Bereichsleiter Asset Management im Bankhaus Spängler. Auch in China schwächt sich die Konjunktur seit einiger Zeit ab. Das Ziel, vor allem den Binnenmarkt anzukurbeln, wurde bisher nicht erreicht. Ein weiteres Signal für die Schwäche der chinesischen Konjunktur ist auch in den rückläufigen Exporten aus Deutschland nach China zu erkennen.”   

Inflation und Geldpolitik: Weitere Zinsschritte nach unten erwartet

“Mittlerweile haben sowohl die EZB als auch die Fed gehandelt und die Zinsen gesenkt”, so Dürnberger. “Und der Markt erwartet weitere Schritte nach unten, rechnet mit einem EZB-Leitzins von 3,15 Prozent zum Jahresende und 2 Prozent in einem Jahr, also im September 2025. Auch in den USA sind die Markterwartungen ähnlich, hier wird heuer noch mit zwei weiteren Zinsschritten nach unten gerechnet.”

Die Inflation nähert sich sowohl in den USA als auch in der Eurozone dem Zwei-Prozent-Ziel der Notenbanken, das aber erst im nächsten Jahr erreicht werden dürfte.

Ein lächelnder Herr in Geschäftskleidung steht vor einer Betonwand.
Dr. Nils Kottke Mitglied des Vorstandes (Ressort Privatvermögen)

Aktien: Rekorde über Rekorde

Allen Konjunktursorgen und globalen Krisen zum Trotz liefern die Aktienmärkte in diesem Jahr einen Rekord nach dem anderen. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede: “Getrieben von den großen Technologiekonzernen sehen wir in den USA ein Plus von 18 Prozent seit Jahresbeginn, auch europäische Titel haben mit 7,4 Prozent eine sehr gute Performance hingelegt.”, betont Dürnberger. In Asien hat sich das Bild zuletzt etwas gedreht. Nachdem China lange Zeit das Sorgenkind der Anleger:innen war, ging es in den letzten Wochen wieder aufwärts, teilweise auch auf Kosten des japanischen Marktes.

US-Markt überbewertet?

Viele Investor:innen fragen sich, ob der Markt derzeit überbewertet ist, insbesondere der amerikanische. “Zieht man das Kurs-Gewinn-Verhältnis heran, ist dies durchaus hoch, dennoch gibt es in den USA noch einige Sektoren mit Aufholpotenzial. Zudem sind die Gewinnerwartungen der Unternehmen generell nach wie vor hoch”, so Dürnberger. “Positiv ist auch die Verbreiterung der Sektorenentwicklung im dritten Quartal. Hier waren nun plötzlich die Versorger die großen Treiber, zu diesen zählen auch Immobilien und Industrie. Eine negative Performance sehen wir hingegen weiterhin bei Titeln aus dem Energiesektor.” 

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