US-Präsident Donald Trump hatte schon im Wahlkampf das Wort „Zölle“ zu seinem Lieblingswort erklärt. Einige Politik- und Marktbeobachter:innen waren damals aber der Meinung, dass Trump einen Teil seiner Forderungen als Verhandlungstaktik einsetzt und mit ausgesuchten Partnern Kompromisse eingeht. Mittlerweile hat er aber ernst gemacht und erste Zölle eingeführt, auf die weitere folgen dürften. Dies hat bereits die Wirtschaft belastet und große Verunsicherung an den Kapitalmärkten ausgelöst. Wir schauen auf die bisher bekannten Zollmaßnahmen der US-Regierung und die Folgen für die Finanzmärkte.
Definition von Zöllen
Laut dem Gabler Wirtschaftslexikon sind Zölle Abgaben, die vor allem beim unmittelbaren Eingang von Waren in den Wirtschaftskreislauf (Einfuhrzoll) oder beim Verlassen des Wirtschaftskreislaufes (Ausfuhrzoll) erhoben werden. Überwiegend werden Einfuhrzölle erhoben. Zölle sind tarifäre Handelshemmnisse, da sie den freien Warenverkehr behindern. Je nach Zielrichtung und Zweck von Zöllen gibt es verschiedene Arten: Fiskal- oder Finanzzölle dienen der Einnahmeerzielung. Schutzzölle sollen den heimischen Markt vor ausländischer Konkurrenz oder bei Ausfuhrzöllen vor Warenabfluss schützen. Antidumpingzölle reagieren auf Subventionierung von Waren aus Drittländern.
Trump legt von Tag eins an los
Donald Trump hat am 20. Jänner das Präsidentenamt in den USA wieder übernommen und sofort losgelegt. Vor allem hat er Untersuchungen zu den hohen Handelsdefiziten der USA angeordnet und die Einführung von Zöllen angekündigt. Dabei hat er sich auf Gesetze berufen, die mehrere Jahrzehnte alt sind. Sie geben dem Präsidenten viel Spielraum bzw. viele Befugnisse, um Einfuhren zu beschränken. Manche Gesetze schreiben vor, dass vor der Ergreifung von konkreten Maßnahmen Untersuchungen unter Einhaltung bestimmter Fristen durchgeführt werden müssen.
Trump hat mit seinen Zollvorhaben nicht nur den Unmut seiner bisherigen Handelspartner auf sich gezogen, sondern bislang vor allem viel Verwirrung geschaffen. Denn Aussagen zu konkreten Maßnahmen hat er zum Teil schnell wieder revidiert oder kurz vor Ablauf der Fristen einen Aufschub beschlossen, oder sogar schon in Kraft getretene Zölle nur Stunden später wieder zurückgenommen. Es ist daher schwer, den Überblick zu behalten.
Trump hat bislang zumindest Teile seiner Ankündigungen umgesetzt. Dabei stand vor allem China im Fadenkreuz des US-Präsidenten. Auf Importe aus China bestand schon 2024 ein effektiver Zollsatz von 10,7 %. Zölle gegen China hatte Trump schon während seiner ersten Amtszeit eingeführt; diese wurden von der Biden-Regierung beibehalten und sogar noch erhöht. Per 4. Februar 2025 hat Trump einen zusätzlichen pauschalen Zoll auf Importe aus China in Höhe von 10 % erhoben. Am 4. März wurde dieser Zoll auf 20 % erhöht. Und weitere Zollanhebungen auf chinesische Importe hat Trump bereits angedroht. Demnächst könnten darüber hinaus erhöhte US-Hafengebühren für Schiffe unter chinesischer Flagge und in China gebaute Schiffe folgen, denn Trump wirft China vor, auf unfaire Weise den globalen Schifffahrt- und Seelogistikbereich zu dominieren. Daneben könnten chinesische Investitionen in sensible Bereiche der US-Wirtschaft beschränkt werden und auch die chinesische Halbleiterindustrie steht im Fokus von US-Untersuchungen. 2024 stand China für über 13 % aller US-Warenimporte.
Für viele Marktbeobachter:innen überraschend hat Trump auch Importe aus Kanada und Mexiko ins Visier genommen, die beiden größten Handelspartner der USA. 2024 stammten aus diesen beiden Ländern 28 % aller US-Warenimporte. Während seiner ersten Amtszeit hatte Trump das NAFTA-Abkommen aufgekündigt und mit Kanada und Mexiko die Freihandelszone USMCA zugunsten der USA ausgehandelt. Diese scheint mit den US-Zöllen aber faktisch beendet. Zunächst per 4. Februar, dann per 4. März und nun am 2. April sollen Zölle in Höhe von 25 % auf Einfuhren aus Kanada und Mexiko in Kraft treten. Ausnahmen gibt es für Energieimporte aus Kanada, zum Beispiel Rohöl, die mit 10 % verzollt werden sollen.
Ebenfalls am 2. April drohen sogenannte reziproke Zölle auf Importe aus weiteren Ländern. Dabei scheint besonders die EU im Fokus Trumps zu stehen. Die reziproken Zölle sollen die US-Zölle auf ein Niveau bringen, das von anderen Staaten auf Importe aus den USA verlangt wird. Dabei sollen die jeweiligen Produktgruppen individuell behandelt werden. Auch auf nicht-tarifäre vermeintliche Handelshemmnisse anderer Länder will die US-Regierung reagieren. Darunter könnte zum Beispiel die von Frankreich erhobene Steuer auf digitale Dienstleistungen fallen, welche große US-Technologiekonzerne trifft.
Schon am 12. März ist ein allgemeiner Zoll in Höhe von 25 % auf die Einfuhr von Stahl und Aluminium in Kraft getreten. Hier gibt es keine Ausnahmen. Alle Länder, die Stahl und Aluminium in die USA liefern, sind betroffen. Und im weiteren Jahresverlauf werden wohl auch Kupferimporte mit Zöllen belegt werden.
Die Gründe, die Trump für die Erhebung der Zölle nennt, sind fragwürdig. Teilweise wird die „Bedrohung der nationalen Sicherheit“ herangezogen. Teilweise werden den bisherigen Handelspartnern unfaire Praktiken vorgeworfen oder – wie im Falle von Kanada und Mexiko – die angebliche Nicht-Bekämpfung illegaler Einwanderung und des Drogenhandels. Über all dem steht aber das Prinzip „America First“, also größtmöglicher Nutzen für die USA.
Auf Maßnahmen folgen Gegenmaßnahmen
Wie abzusehen war und teilweise von den Regierungen der betroffenen Länder im Vorfeld angekündigt wurde, lassen sich nicht alle Länder die US-Importzölle gefallen. Sie reagieren vielmehr mit Gegenmaßnahmen. So hat China zunächst Zölle in Höhe von 15 % auf Importe von US-Kohle und -Flüssigerdgas sowie Zölle in Höhe von 10 % auf Rohöl, landwirtschaftliche Maschinen sowie große Autos und Pick-ups verhängt. Später sind Zölle auf ausgewählte landwirtschaftliche Produkte und Nahrungsmittel aus den USA (zum Beispiel Fleisch, Weizen, Baumwolle, Sojabohnen, Hirse, Obst, Gemüse und Milchprodukte) von 10-15 % hinzugekommen. Zudem wurden die Exportkontrollen von kritischen Mineralien verschärft. Alles in allem war die chinesische Reaktion auf die US-Zölle bislang aber eher verhalten und deutet auf eine gewisse Verhandlungsbereitschaft hin. Dies könnte sich jedoch ändern, sollten die USA den Handelskonflikt eskalieren.
Kanada wollte Anfang März in zwei Schritten Zölle in Höhe von 25 % auf ausgesuchte US-Waren wie zum Beispiel Orangensaft, Erdnussbutter, Wein, Kaffee, Autos, LKWs, Stahl und Aluminium erheben. Diese Maßnahmen wurden aber zunächst auf Anfang April verschoben. Die Provinz Ontario, die an mehrere US-Bundesstaaten grenzt, hat eine 25 %-ige Exportsteuer auf Strom in die USA eingeführt, die mittlerweile jedoch ausgesetzt wurde. In Reaktion auf die US-Zölle auf Stahl und Aluminium hat Kanada allerdings in einer mit der EU abgestimmten Aktion per 13. März Zölle auf US-Waren verhängt.
Die EU hat ebenfalls mit umfangreichen Gegenmaßnahmen gedroht, sollten die USA ernst machen und Importzölle auf Waren aus der EU einführen. Dazu hat die EU eine Liste mit US-Waren erstellt, die potenziell betroffen sind. In Reaktion auf die US-Zölle auf Stahl und Aluminium plant die EU ab April, Gegenmaßnahmen aus 2018 und 2020 wieder aufzunehmen. Betroffen sind demnach US-Produkte wie Whiskey, Jeans, Motorräder, Erdnussbutter, etc. Auf die geplanten EU-Zölle hat Trump wiederum mit noch höheren Zöllen gedroht, womit sich der Handelskonflikt zwischen den USA und der EU deutlich zu verschärfen droht.
Bremsspuren in der US-Wirtschaft
Die Politik der neuen US-Regierung im Allgemeinen und die Zollpolitik im Speziellen macht sich schon jetzt in der Wirtschaft bemerkbar. So wurden in den USA zuletzt eher schwache Stimmungsindikatoren und Konjunkturdaten veröffentlicht. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe ist im Februar gefallen und befindet sich nur noch knapp über der Marke von 50, die Expansion anzeigt. Vor allem bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen hat der Optimismus nachgelassen. Daneben ist das Vertrauen der Verbraucher:innen deutlich gefallen, worin Sorgen der Konsument:innen vor einer drohenden höheren Inflation, einem sich abschwächenden Arbeitsmarkt wegen der Massenentlassungen bei vielen Behörden, und generell der Politik der neuen US-Regierung zum Ausdruck kommen. Auch die Einzelhandelsumsätze haben enttäuscht. Die Verbraucher:innen scheinen preissensitiver geworden zu sein. Die Zollpolitik von Trump dürfte zukünftig zu einer höheren Inflation in den USA führen, da im Gegensatz zu seiner ersten Amtszeit Umfragen zufolge aktuell mehr Unternehmen (zum Beispiel aus der Autoindustrie) bereit sind, die erwartet höheren Preise an ihre Abnehmer:innen weiterzugeben. Vertreter:innen der US-Notenbank Fed sehen entsprechende Risiken im weiteren Jahresverlauf. Im Februar lag die Inflation in den USA nur knapp unter 3 % und damit klar über dem Ziel der Fed. Die Verbraucher:innen erwarten sogar, dass die Inflation in einem Jahr auf 4,9 % steigen wird, anstatt wie von Trump versprochen nachhaltig zurückgeht.
Trumps rabiate Wirtschafts- und Zollpolitik wird zunehmend auch zum Risiko für den Aufschwung in den USA. Unter den Marktteilnehmer:innen sind mittlerweile Sorgen vor einer Stagflation aufgekommen, das heißt Stagnation der Wirtschaft bei gleichzeitig höherer Inflation. Es wurde sogar ein neues Wort kreiert: „Trumpcession“ – eine von Trump herbeigeführte Rezession. Prognosemodelle für die Konjunktur, wie das der Federal Reserve Bank of Atlanta, zeigen für die US-Wirtschaft mittlerweile eine Vollbremsung an.
Verunsicherung an den Kapitalmärkten
Auch an den Finanzmärkten ließ die Reaktion auf die fast schon täglichen Wendungen in der Zollpolitik von Trump nicht lange auf sich warten. Sie sorgten vor allem für große Verunsicherung unter den Marktteilnehmer:innen. Diese mögen Unsicherheit aber gar nicht, zumal sie auch Gift für die Wirtschaft ist und verlässliche strategische Planungen für die Unternehmen kaum möglich macht. Die Börsen sind aktuell so politisch getrieben wie schon lange nicht mehr.
Nachdem die US-Aktienmärkte auf den Wahlsieg von Trump letzten November erst positiv reagierten und deutlich zulegten, hat sich das Bild mittlerweile komplett gewandelt. Der S&P 500 und der Nasdaq 100 notieren aktuell unter ihren Niveaus vom Wahltag (5. November 2024). Seit dem Amtsantritt von Trump am 20. Jänner 2025 sind sie sogar um gut 5 % bzw. rund 8 % gefallen. Aus der Sicht eines:einer Euro-Investor:in waren die Verluste noch um etwa 5 % größer, da der US-Dollar in dieser Zeit spürbar abgewertet hat. Und auch von ihren Rekordhochs im Februar haben sich die beiden Indizes mittlerweile weit entfernt (um bis zu 15 % in Euro gerechnet). Die anfängliche Euphorie der Marktteilnehmer:innen ist also verpufft. Im Gegensatz dazu ist der Stoxx Europe 600 gestiegen: seit der US-Wahl um 9 % und seit dem Amtsantritt von Trump um 6 %. Und auch die Verluste vom Rekordhoch Anfang März fallen mit -1,4 % längst nicht so groß aus wie die der US-Indizes. Manche europäische Indizes wie der deutsche DAX haben sich dabei noch besser entwickelt als der Stoxx Europe 600. An den Aktienmärkten werden die negativen Auswirkungen der US-Zollpolitik auf die US-Wirtschaft also offenbar schwerwiegender eingeschätzt als für die europäische Wirtschaft.
Auch an den Anleihemärkten gab es deutliche Bewegungen. Seit Trumps Amtsantritt im Jänner sind sowohl die Renditen zweijähriger als auch die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen um 31 bzw. 38 Basispunkte gefallen. Darin kommen ebenfalls die Unsicherheit bzw. die Sorgen der Marktteilnehmer:innen über die US-Wirtschaft zum Ausdruck. In Europa ist das Bild dagegen uneinheitlich: Während die Renditen zweijähriger deutscher Bundesanleihen seit dem 20. Jänner kaum verändert sind, sind die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen um 28 Basispunkte gestiegen. Dies hängt mit den umfassenden Fiskal- und Schuldenplänen der wahrscheinlichen neuen Regierung Deutschlands zusammen.
Fazit
Trump und seine Administration haben mit ihrer erratischen Zollpolitik schon jetzt für Chaos im weltweiten Warenhandel gesorgt. Aus den US-Zöllen und den Gegenmaßnahmen der bisherigen Handelspartner der USA könnte sich ein umfangreicher Handelskrieg entwickeln, der die Wirtschaft zahlreicher Länder belasten würde und zu höherer Inflation führen könnte. An den Kapitalmärkten hat sich dies bereits in deutlich niedrigeren Aktienkursen und Anleiherenditen in den USA niedergeschlagen. Europäische Aktien haben sich dagegen wesentlich besser gehalten. Im Spängler Asset Management haben wir Anfang März die Aktienquote auf neutral zurückgenommen und die Region Europa wieder stärker gewichtet. Wir beobachten die Entwicklung an den Märkten genau und werden bei Bedarf weitere Anpassungen vornehmen.
Wichtige Hinweise
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Marketingmitteilung
Stand 19.03.2025
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