Gold war im letzten Jahr einer der Highflyer an den Kapitalmärkten und hat mit der Kursentwicklung amerikanischer Aktien mithalten können. Heuer hat Gold bislang so weitergemacht, wie es das letzte Jahr beendete: Es ist weiter gestiegen und hat im Februar neue Rekordstände erreicht. Setzt der Goldpreis seine Rallye fort oder gibt es eine Verschnaufpause oder sogar eine Korrektur? Wir werfen einen Blick auf die Treiber des Goldpreises und schätzen die Lage ein.
Gold im Höhenrausch
Der Goldpreis ist im letzten Jahr in US-Dollar gerechnet um 27 % gestiegen und hat dabei an 40 Handelstagen Rekordstände erreicht. Für eine:n Euro-Investor:in stand wegen der Dollar-Entwicklung sogar ein Plus von fast 36 % zu Buche. Doch damit nicht genug: Heuer ging es bislang genau so weiter. Mitte Februar verzeichnete Gold bei über 2.900 USD je Feinunze bzw. über 2.800 EUR je Feinunze neue Allzeithochs. Somit weist Gold seit Jahresbeginn bereits wieder eine Wertentwicklung von über 10 % auf. Ist damit das Ende der Fahnenstange erreicht? Um diese Frage zu beantworten, schauen wir auf die Treiber des Goldpreises und wägen ab, was für und was gegen eine Fortsetzung der Preisrallye spricht.
Historische Zusammenhänge bestehen nicht mehr
Lange Zeit war der Goldpreis abhängig von den Renditen an den Anleihemärkten bzw. den Zinserwartungen der Marktteilnehmer:innen und dem US-Dollar. Hohe Anleiherenditen und hohe Zinsen bremsten den Goldpreis und schmälerten die Attraktivität von Gold und vice versa. Denn Gold wirft keine Zinsen ab. Anleger:innen können mit Gold nur eine positive Rendite über Preissteigerungen erzielen. Daher war Gold im letzten Jahr im Zuge der Zinssenkungen der Zentralbanken auch stark nachgefragt. Da an den Börsen Erwartungen gehandelt werden, kommt es aber nicht nur auf das aktuelle Zinsniveau an, sondern vor allem auf das zukünftige. Und da haben die Marktteilnehmer:innen eine Kehrtwende vollzogen. Während sie noch vor wenigen Monaten weitere umfangreiche Zinssenkungen in den USA erwarteten – die Erwartungen an die US-Notenbank Fed spielen dabei eine größere Rolle als die an die EZB –, gehen sie aktuell nur noch von einer Zinssenkung in diesem Jahr aus. Das heißt, die Zinsen bleiben länger hoch als zuvor gedacht. Theoretisch hätte dies die Attraktivität von Gold schmälern müssen – hat es aber nicht. Der Goldpreis ist stattdessen sogar gestiegen.
Ähnlich verhält es sich mit dem US-Dollar. Da der Dollar die weltweit anerkannte Leitwährung ist, werden viele Rohstoffe – so auch Edelmetalle – auf dem Weltmarkt in Dollar gehandelt. Der Dollar und der Goldpreis standen lange in einer gegenläufigen Beziehung zueinander. Steigt der Dollar, fällt der Goldpreis, da man mit jedem Dollar nun eine größere Menge Gold kaufen kann als zuvor. Aber auch dieser Zusammenhang hat aktuell nicht mehr Bestand. Der Goldpreis ist im letzten Jahr entgegen des aufwertenden US-Dollar gestiegen und hat sich heuer vom anhaltend festen Dollar nicht beeindrucken lassen.
Die aktuellen Treiber des Goldpreisanstiegs
Was steckt nun hinter der Preisrallye von Gold? Gold zeichnet sich im Wesentlichen durch zwei Eigenschaften aus: Es gilt als sicherer Hafen in Krisenzeiten und dient als Schutz vor Kaufkraftverlust, also gegen Inflation. Da verwundert es nicht, dass Gold in den aktuell unsicheren Zeiten stark nachgefragt ist, denn es gibt zahlreiche politische und geopolitische Krisen. Und seitdem sich abgezeichnet hat, dass Donald Trump erneut Präsident der USA wird, ist die Nachfrage nach Gold als sicherer Hafen nochmals gestiegen. Seine geplanten und teilweise eingeführten Importzölle sowie weitere aufsehenerregende außenpolitische Aussagen sorgten für Verunsicherung unter den Marktteilnehmer:innen.
Daneben gewinnt die Inflation wieder an Bedeutung. Nachdem sie von ihrem Hoch im Herbst 2022 deutlich zurückgekommen war, steigt sie sowohl in der Eurozone als auch in den USA seit einigen Monaten wieder an. Während die EZB Zuversicht verbreitet, dass die Teuerungsrate in der Eurozone im Jahresverlauf auf ihr Ziel von 2 % wieder zurückfällt, sind viele Marktbeobachter:innen diesbezüglich eher skeptisch. Sie erwarten vielmehr, dass sich die Inflation über der Zielmarke einpendeln wird. In den USA sorgen die Zollpläne von Präsident Trump für Verunsicherung. Denn diese dürften nach Ansicht vieler Ökonom:innen zu höheren Preisen in den USA führen. Anfang Februar sorgte eine Umfrage der Universität von Michigan unter Verbraucher:innen für Aufsehen, da sie einen Sprung der einjährigen Inflationserwartungen nach oben zeigte – auf über 4 %.
Ein stetiger Preistreiber von Gold waren in den letzten Jahren die Zentralbanken selbst. Nicht über die Zins- und Geldpolitik, sondern mittels Goldkäufen. Viele Zentralbanken kaufen Gold, um ihre Währungsreserven zu diversifizieren und so auch die Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren. Gemäß Daten des World Gold Councils (WGC), einem globalen Verband der Goldbergbauindustrie, haben die Zentralbanken die letzten drei Jahre jeweils mehr als 1.000 Tonnen Gold gekauft. In den Jahren davor waren die durchschnittlichen Goldkäufe der Zentralbanken nicht einmal halb so hoch. Im letzten Jahr waren die Zentralbanken aus Polen, der Türkei, Indien, China und Aserbaidschan die größten Goldkäufer. Der WGC erwartet, dass die Zentralbanken auch heuer große Mengen Gold kaufen werden.
Getrieben wird der Goldpreis zudem von einer starken Investmentnachfrage. Sie ist laut WGC im letzten Jahr um ein Viertel auf ein 4-Jahreshoch gestiegen. Gerade in den letzten Monaten verzeichneten Gold-ETFs wieder merkliche Zuflüsse. Stark gefragt waren im letzten Jahr Goldbarren, was auf institutionelle Anleger:innen hindeutet. Die Nachfrage nach Goldmünzen war dagegen rückläufig. Möglicherweise hat hier der deutlich gestiegene Goldpreis Bremsspuren hinterlassen. An den Terminbörsen wiederum wird aktuell stark auf steigende Goldpreise gesetzt. Dabei spielt die Nähe des Goldpreises zur Marke von 3.000 USD, die eine hohe Anziehungskraft ausstrahlt, eine Rolle. Für 2025 erwartet der WGC eine noch höhere Investmentnachfrage als im letzten Jahr. Niedrigere Zinsen, hoch bewertete Aktienmärkte, ein schwächerer US-Dollar und geopolitische Risiken werden dabei als Argumente genannt.
Ein eher kurzfristiger, aber nichtsdestotrotz starker Preistreiber ist eine aktuell sehr hohe Goldnachfrage in den USA. Seit November werden ungewöhnlich große Mengen Gold in die USA geliefert. Besonders sichtbar wird dies anhand der Goldbestände an der US-Rohstoffterminbörse Comex in New York. Denn diese haben sich in den letzten 3½ Monaten verdoppelt. Dazu dürfte auch der derzeit ungewöhnlich hohe Preisaufschlag des Gold-Futures an der Comex gegenüber den Goldpreisen am Kassamarkt in London beigetragen haben. Dadurch werden Goldlieferungen in die USA attraktiv. London gilt als Weltleitbörse für Gold. Dass Gold an der Comex deutlich teurer ist als an anderen Handelsplätzen, dürfte mit den befürchteten US-Importzöllen zusammenhängen, die möglicherweise auch Gold betreffen könnten. Die Lieferungen könnten daher in erster Linie aus Sorge vor möglichen Lieferstörungen erfolgt sein und quasi eine vorgezogene Goldnachfrage darstellen.
Wo Licht ist, ist auch Schatten
Wie bereits erwähnt, hat das hohe Preisniveau Bremsspuren bei der Nachfrage nach Goldmünzen hinterlassen. Und auch andere Nachfragekomponenten wurden negativ beeinflusst, insbesondere die Schmucknachfrage. Diese ist gemäß Daten des WGC im letzten Jahr um 11 % gefallen, da die hohen Preise Goldschmuck weniger erschwinglich machten. Besonders ausgeprägt war dabei die Nachfrageschwäche in China. Sie lag dort sogar unter dem Corona-belasteten Jahr 2020. Ein geringerer Anstieg der Einkommen führte zu einem schwachen Konsumentenvertrauen und war neben den hohen Preisen für die Kaufzurückhaltung der Chines:innen verantwortlich. In Indien, hinter China der weltweit zweitgrößte Goldnachfrager, war die Schmucknachfrage dank der Senkung der Importsteuer auf Gold weitgehend stabil. Der WGC geht wegen der hohen Preise und des verhaltenen Wachstums in China von einem weiteren Rückgang der globalen Schmucknachfrage in diesem Jahr aus.
Der gestiegene Goldpreis hat nicht nur Auswirkungen auf die Nachfrage, sondern auch auf das Angebot – und zwar im positiven Sinne. Die Goldminenproduktion erreichte im letzten Jahr ein neues Rekordniveau und das Angebot an Altgold ist um 11 % auf ein 12-Jahreshoch gestiegen. Das Goldangebot dürfte laut Einschätzung des WGC dank der hohen Preise heuer weiter steigen. Dies sollte etwaige aufkommende Sorgen vor einer Goldknappheit lindern.
Zu einer Portion Vorsicht mahnt die Charttechnik. Mit Hilfe der Charttechnik versuchen Marktteilnehmer:innen, aus historischen Kursveränderungen zukünftige abzuleiten. Die jüngste Rallye des Goldpreises hat mittlerweile zu einer überkauften Situation geführt. Der Goldpreis scheint daher aus dieser Sicht anfällig für eine Seitwärtskonsolidierung oder einen Rücksetzer zu sein, um die bisherigen Gewinne zu verarbeiten. Die oben erwähnte große Anzahl an Wetten von Spekulant:innen auf einen steigenden Goldpreis ist in diesem Zusammenhang ein Warnsignal. Allerdings könnte es sich bei einer möglichen Konsolidierung auch nur um eine Atempause in einem intakten langfristigen Aufwärtstrend handeln.
Fazit
Der Goldpreis steigt derzeit von Rekord zu Rekord. Treiber sind nicht wie üblich die Zinserwartungen der Marktteilnehmer:innen oder der US-Dollar, sondern eine starke Nachfrage nach Gold als sicherer Hafen. Grund ist unter anderem die Unsicherheit über die Politik von US-Präsident Trump. Und da Trump aktuell unberechenbar scheint, könnte diese Unsicherheit auch noch eine Zeit lang anhalten. Sollte es wegen der Ausgabenpläne der US-Regierung und denen vieler Länder in Europa zu ausufernden Haushaltsdefiziten oder sogar einer Schuldenkrise kommen, wären noch höhere Goldpreise wohl vorprogrammiert. Allerdings gibt es inzwischen Anzeichen einer Übertreibung, die für eine Korrektur des Goldpreises sprechen. Je nachdem, wie stark eine mögliche Korrektur ausfallen würde, müsste sie aber nicht zwingend zu einer Trendumkehr des Goldpreises führen. Vielmehr wäre eine Korrektur in einem langfristigen Aufwärtstrend sogar gesund, da sie die „zittrigen Hände“, also die kurzfristig orientierten Spekulant:innen, aus dem Markt schütteln würde und der darauf folgende Preisanstieg auf einer solideren Basis stünde. Im Spängler Asset Management bleibt Gold fester Bestandteil unserer Allokation.
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Marketingmitteilung
Stand 19.02.2025
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