Für viele Unternehmerfamilien ist es ein Schreckensszenario, sich vorzustellen, dass niemand von der Familie die Geschäftsführung übernehmen möchte. Die Familie muss die Geschicke des Unternehmens in fremde Hände legen. Doch wie gelingt es, den Charakter eines Familienunternehmen dennoch zu wahren? Worauf kommt es an?
Wir erleben in unserer Beratungspraxis immer häufiger Situationen, in denen ein Familienunternehmen, egal aus welchem Grund, nicht in der Lage ist, eine Geschäftsführungsposition mit Familienmitgliedern zu besetzen. Die Eigentümerfamilie steht somit vor der Herausforderung eine familienfremde Person als sogenannten Fremd-Manager zu finden.
Wie stellen Sie es nun an, dass Sie als Eigentümerfamilie Ihr Unternehmen in Ihrem Sinne prägen, obwohl niemand aus der Familie in der operativen Geschäftsführung vertreten ist?
Das größte Commitment der Eigentümerfamilie ist es, dem Unternehmen das benötigte Kapital langfristig zur Verfügung zu stellen. Wobei Kapital dabei nicht im Sinne von Geld zu verstehen ist, sondern auch Tradition, Werte und Identität umfasst. Aus Eigentümersicht ist daher mehr als nur die Vorgabe einer Eigenkapitalrendite nötig. Ebenso wichtig sind Vorgaben in Bezug auf Tradition, Werte und Identität. Diese Vorgaben finden sich in der Familienstrategie der Eigentümerfamilie.
Zunächst soll die Eigentümerfamilie klären, welche Bedeutung das Unternehmen für die Familie und deren Zusammenhalt hat. Es geht um die große Frage, welchen Sinn das Unternehmen der Familie gibt.
Der nächste zentrale Inhalt ist die Definition der Frage, wann das Unternehmen aus Sicht der Eigentümerfamilie eigentlich erfolgreich ist? Wofür will denn die Eigentümerfamilie das Familienunternehmen gemeinsam besitzen? Wie konkret schauen ihre Eigentümerziele aus? Es geht um die Auseinandersetzung mit den zentralen Kernthemen rund um die Erwartungen betreffend Wachstum, Ausschüttungen und Unabhängigkeit.
Die Eigentümerfamilie muss dem Management nicht nur erwartete Wachstumsziele vorgeben, sondern, falls Wachstum nicht gewünscht wird, diese Begrenzung festlegen und die Gründe dafür kommunizieren. Beim Thema Ausschüttungen ist es die Verantwortung der Eigentümerfamilie klar zu legen, inwieweit regelmäßige Ausschüttungen erwartet werden und wie hoch diese sein sollten. Und die dritte Frage ist, ob die Eigentümerfamilie jedenfalls unabhängig bleiben will oder zur Finanzierung ihres Wachstums auch für externe Finanzierungspartner offen ist.
Diese 3 Ziele stehen in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander. In der Praxis finden sich meist Kombinationen aus zwei der drei Zielen. Für das Management ist es wichtig, Spielregeln für den Kompromiss zwischen diesen 3 Zielen zu kennen. Wir empfehlen Ihnen, sich genaue Zielvorgaben für die jeweiligen Dimension zu geben. Damit die Frage, wann Sie wirklich erfolgreich sind, auch klar beantwortet werden kann.
Der dritte Bereich für Ihre Familienstrategie ist die Vorgabe von zentralen Leitplanken für das Management, innerhalb welcher sich dieses bewegen muss. Es geht um Vorgaben der Eigentümerfamilie in finanzieller und nicht-finanzieller Hinsicht. Bei den nicht-finanziellen Begrenzungen geht es zum Beispiel um Spielregeln, wie mit Mitarbeitern umgegangen werden soll und wie Ihre Haltung in Bezug auf die Beschäftigung von Familienmitgliedern im Unternehmen ist.
Wenn die Gleichung „Familie + Unternehmen = Familienunternehmen“ aufgehen soll und Sie als Eigentümerfamilie langfristig Ihren Einfluss sichern wollen, obwohl Sie nicht in der operativen Geschäftsführung vertreten sind, dann müssen Sie folgende 3 Fragen beantworten und dem Management vorgeben:
- Was sind Ihre zentralen Werte und Grundsätze, was ist Ihr Sinn?
- Was wollen Sie als Unternehmer gemeinsam mit Ihrem Unternehmen erreichen bzw. was heißt Erfolg für Sie eigentlich?
- Welche Leitplanken im Sinne von Beschränkungen wollen Sie Ihrem Management vorgeben?