Die Beziehung der westlichen Staaten zu China hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt. In den Augen des Westens galt China einst als billige Werkbank und Absatzmarkt mit großem Potential. Doch der vormals so nützliche Partner wird nun zusehends zum Konkurrenten – sowohl geopolitisch als auch wirtschaftlich. Dem Reich der Mitte ist es gelungen, seine Wettbewerbsposition deutlich zu verbessern und das sogar in innovativen Bereichen wie etwa der Technologie. Wir hinterfragen, wo wir heute stehen und machen für Sie eine Bestandsaufnahme.

Wenn der Traum zerplatzt

Als China den Staatskapitalismus einführte, wurde das im Westen von allen Seiten begrüßt. Rechnete man doch mit zwei wesentlichen Entwicklungen, die die Interessen des Westens weiter stützen sollten:

Demokratie im Aufwind
Im Westen herrschte die Auffassung, dass es zu mehr Demokratie führen würde, wenn China vom kommunistischen auf ein kapitalistisches System umschwenkt.

Stärkung des Absatzmarktes
Als China nach der Mao-Ära zunehmend Schritte in Richtung Kapitalismus setzte, galt das Land überwiegend als aufstrebendes, gigantisches Absatzgebiet.

In der Vergangenheit war China in den Augen des Westens höchstens in der Lage, einige westliche Produkte billig nachzuahmen. Das Resultat waren oft nur mangelhafte Kopien. Dass China sich aber zu einem ebenbürtigen Rivalen entwickeln könnte, stand nicht auf der Agenda des Westens.

In großem Stil verlagerten europäische und amerikanische Unternehmen ihre Produktionen nach China. Kaum ein westlicher Unternehmer kümmerte sich dabei übermäßig um Pekings Forderung, mit der Ansiedlung von Produktionsstätten auch das Firmen-Knowhow zu übertragen. Am wichtigsten war für die westlichen Unternehmen das Ziel, in China billig für den eigenen Binnenmarkt und die Exportmärkte produzieren zu können. Die Gefahr des Knowhow-Abflusses rückte in den Hintergrund.

Exakt dasselbe passierte Jahre später beim Internet. China gelang es innerhalb kürzester Zeit über das westliche Fachwissen zu verfügen. Auch hier vertrat der Westen die Meinung, dass sich China mit dem westlichen Knowhow lediglich hocharbeiten und den Lebensstandard seiner Bevölkerung weiter verbessern würde. Und je besser das der chinesischen Bevölkerung gelingt, umso größer würde der Bedarf an westlichen Produkten werden– so die Idee.

Die westlichen Nationen waren davon überzeugt, dass es noch lange dauern würde, bis China wirklich ebenbürtig mithalten könnte. Doch die Realität – oder eigentlich China – hat den Westen schneller eingeholt als gedacht.

Die Realität steht vor der Tür

Die Fehleinschätzung des Westens zog massive Konsequenzen nach sich. Im Zuge der Globalisierung und der Erschließung der asiatischen Märkte mussten die westlichen Arbeitskräfte innerhalb kürzester Zeit mit viel billigeren Arbeitskräften in China und anderen asiatischen Staaten konkurrieren. Zudem wurden Produkte in Asien wesentlich preisgünstiger hergestellt als in den etablierten Industrienationen. Die unter anderem aus China importierten Produkte setzten in der Folge die westlichen Absatzpreise unter Druck und wirkten dabei auch auf den Lohndruck. Der Westen steht vor der Herausforderung einer nur geringen Zunahme an neuen Arbeitsplätzen bei gleichzeitig stagnierenden Reallöhnen. Also ist auch das Wirtschaftswachstum seit Jahren schwach und verstärkte die deflationären Kräfte im Westen.

Angesichts der zunehmenden geopolitischen und vor allem wirtschaftlichen Macht Chinas muss der Westen natürlich reagieren – vor allem durch eine Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit. Dies erfordert jedoch unpopuläre Maßnahmen und Schritte, die politisch nicht einfach durchzubringen sind. Dazu zählen:

  • Erhöhung der Ausgaben für Aus- und Weiterbildung, Forschung und Entwicklung
  • Verbesserung der Infrastruktur
  • Flexibilisierung des Arbeitsmarktes
  • Schaffung von finanziellen Anreizen für Unternehmen, um Innovationen voranzutreiben

All dies würde zu einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Westens führen und Standards setzen. Denn wer die Standards setzt, gewinnt auf dem Parkett der Weltpolitik an Macht und Stärke.

Die dafür benötigten Mittel müssten die westlichen Nationen überwiegend durch die Kürzung von Sozialausgaben generieren. Solche Kürzungen sind aus sozialpolitischer Sicht jedoch unpopulär, mit dem Ergebnis, dass lieber darauf verzichtete wurde. All dies geht zu Lasten der Wettbewerbsposition. Die westlichen Staaten begegnen dem schrumpfenden Wirtschaftswachstum stattdessen mit verstärkter Kreditaufnahme. Als Resultat wurde die Last der weichenden Wettbewerbsfähigkeit damit weiter in die Zukunft geschoben. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Die neue Ordnung?

Die zunehmende Stärke Chinas zeigt sich nicht nur in der Realwirtschaft. Die geldpolitische Ordnung steht auch vor einem spürbaren Wandel.

In den letzten Jahren ist die Public Bank of China (PBoC) als neuer Akteur in der geldpolitischen Arena aufgetreten. Mit einem globalen Wachstumsanteil von rund 25 % ist China der wichtigste Wachstumsmotor der Weltwirtschaft. Im Einklang damit rückt auch die chinesische Geldpolitik in den Fokus der globalen Finanzmarktteilnehmer. Da China deutlich früher als die westlichen Länder aus der Pandemie in die Normalität zurückgekehrt ist, wird das Agieren der PBoC in den kommenden Monaten ein wichtiger Faktor für die globale konjunkturelle Erholung sein. Damit werden sich auch wesentliche Implikationen für die Finanzmärkte ergeben.

Seit der großen Finanzkrise sind Rückschläge an den Aktienmärkten immer öfter Hand in Hand mit einer Verlangsamung des chinesischen Kreditwachstums gegangen. Aktuell scheint das Kreditwachstum in China seinen Höhepunkt überschritten haben und sollte sich weiter abschwächen. Die jüngsten Maßnahmen der PBoC unterstützen diese Rückschlüsse. Die Auswirkungen zeigen sich aktuell nur in der Underperformance der asiatischen Aktienmärkte im Vergleich zu Europa und den USA. Dort werden die Ausmaße noch ignoriert, weil die hohen Wachstumserwartungen in den etablierten Volkswirtschaften eine mögliche Verlangsamung in China noch kompensieren.

Seit der Finanzkrise hat China darüber hinaus beschlossen, die Abhängigkeit seiner Wirtschaft von den Exporten in den Westen zu reduzieren. Ziel ist der Ausbau und die Stärkung der Binnenwirtschaft. Doch China steht hier vor Herausforderungen, zumal es in der Rohstoffversorgung teils auch auf das Ausland angewiesen ist. Wenn eine expandierende Binnenwirtschaft den Bedarf an Importen erhöht, so hat dies Auswirkungen auf die zukünftige Währungsentwicklung.

Solange eine Volkswirtschaft wie China auf Exporte angewiesen ist, ist eine schwache Währung von Vorteil.

Im neuen Kurs bevorzugt China nun eine Yuan-Aufwertung, um so die Importkosten zu drücken. Dieses Währungsspiel hat auch weitreichende Folgen für die Inflation im Westen. Der Westen importiert zahlreiche Güter aus China, die durch den Kursanstieg des Yuan allein in den vergangenen Quartalen um rund 10 Prozent teurer geworden sind. Zudem führt das hohe Binnenwachstum in China zu einer steigenden Nachfrage nach Rohstoffen, was die Preise unter wachsenden Aufwärtsdruck setzt.

Das lässt folglich die Inflation im Westen ebenfalls anziehen.

Grafik 1: Wechselkurs EUR/CNY

Was bringt die Zukunft?

Zunehmend wird klar, dass sich der Westen in der Wandlungsfähigkeit und Adaptierbarkeit Chinas massiv geirrt hat. Im Eiltempo holt China den Westen ein – in einigen Sektoren hat das Reich der Mitte Europa und die USA bereits überholt. Dem Westen ist allerdings klar geworden, dass China als wirtschaftliche und militärische Macht nicht zu unterschätzen ist.

Nach vorne hin zeichnet sich eine faktische Zuordnung der Welt in zwei Blöcke ab. Einen Block, der die USA als Zentrum hat, und einen Block rund um China. Wie das Verhältnis dieser möglichen Blöcke zueinander sein wird, ist unklar. Möglicherweise werden beide Blöcke – wie auch bisher – eifrig Handel betreiben. Eine Verschlechterung der geopolitischen Beziehungen könnte allerdings den globalen Handel in Mitleidenschaft ziehen, was für alle Beteiligten nachteilig wäre.

Auf den Punkt gebracht

Der Westen steht unter Zugzwang, denn China arbeitet weiter am Ausbau seiner Machtposition in Wirtschaft, Politik und Militär. Vor allem auch Europa muss sich den Herausforderungen aktiv stellen, machen die europäischen Exporte nach China einen weitaus größeren Anteil des europäischen BIP aus als beispielsweise in den USA. In jedem Fall ist Europa stärker auf den globalen Handel und ein stabiles internationales Klima angewiesen als die USA. Die Richtung sollte also lauten: Vom Rivalen zum Partner?

Wichtige Hinweise

Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu.
Quelle: FactSet, Stand per 28.06.2021 

Die hier dargestellten Angaben dienen, trotz sorgfältiger Recherche, ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzen nicht eine, insbesondere nach rechtlichen, steuerlichen und produktspezifischen Gesichtspunkten notwendige, individuelle Beratung für die darin beschriebenen Finanzinstrumente. Die Information stellt weder ein Anbot, noch eine Einladung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten dar und dient insbesondere nicht als Ersatz für eine umfassende Risikoaufklärung. 

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