Während die Hauptsorge der Finanzmärkte zum Jahresanfang noch den negativen wirtschaftlichen Effekten der Corona-Pandemie galt, stehen nunmehr verstärkt die Risiken und Nebenwirkungen der globalen geld– und fiskalpolitischen „Geldspritzen“ im Fokus. Denn aufgrund der jüngsten Renditeanstiege bei Staatsanleihen mit langer Laufzeit werden die Fragen rund um das künftige Zinsniveau und die Inflationsentwicklung immer drängender.

Die weltweit angelaufene Impfkampagne, neue Testmethoden und die Aussicht auf die wieder höheren Temperaturen lassen die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zur Normalität weiter steigen. Zudem sorgt neben den geldpolitischen Impulsen vor allem das zuletzt von US-Präsident Joe Biden verabschiedete Corona-Hilfspaket im Umfang von 1,9 Billionen Dollar für steigende Zuversicht. Das Stimulus-Paket beträgt 8 % des BIP und beinhaltet neben Geld für die Corona-Bekämpfung (Impfungen, Tests, Herstellung von Vakzinen) und Mitteln für die Bundesstaaten vor allem direkte Transferzahlungen an die Bürger. Wie sprichwörtliches „Helikopter-Geld“ bekommt jeder Amerikaner einen Scheck über 1.400 Dollar, sofern sein Einkommen eine bestimmte Höhe nicht übersteigt. Zudem wird das Arbeitslosengeld erneut aufgestockt und Familien werden höhere Freibeträge gewährt.

Erholung auf Pump

Wie schon die vorherigen Corona-Pakete hat auch dieses eine eher kurzfristige Defizitauswirkung. Das heißt, die Zusatzausgaben werden das staatliche Defizit vor allem im ersten und zweiten Jahr auf rund 15 % des BIP nach oben treiben. Dafür soll die Konjunktur aber einen kräftigen Impuls erhalten. Auch hier zeigt der Blick zurück, dass schon das letzte Programm im Dezember einen Anstieg der persönlichen Einkommen um rund 10 % und einen Anstieg der Verbraucherausgaben um mehr als 2 % bewirkt hat.

Grafik 1: US-Haushaltssaldo in % des BIP

Wenn man also davon ausgeht, dass die neuen Zahlungen ab sofort fließen, ist im zweiten Quartal von Zuwächsen in ähnlicher Weise auszugehen. Viele der Konsumenten erhielten in der Krise mehr Geld vom Staat, als sie im Normalfall verdienen, und wegen der Corona-Einschränkungen wurde es für sie schwieriger ihr Geld auszugeben. Folglich wurde also eifrig gespart. Es ist zu erwarten, dass viel des gesparten Geldes ausgegeben wird, sobald wieder Normalität einkehrt. Außerdem wird sich dieser positive Impuls aufgrund der globalen Wertschöpfungsketten auf viele andere Volkswirtschaften auswirken.

In Europa etwa, wo die EU und ihre Mitgliedsländer immer noch darüber diskutieren, unter welchen Bedingungen die im Juni 2020 beschlossenen Wiederaufbauhilfen in Höhe von 750 Mrd. ausgezahlt werden sollen, kommt  man dadurch zunehmend unter Handlungsdruck. Gleichzeitig stellen die USA eine Anschubhilfe für die schleppende wirtschaftliche Erholung in der Eurozone dar. In der zweiten Jahreshälfte prognostizieren die Ökonomen in den USA ein annualisiertes Wirtschaftswachstum von mindestens 6 % und in Europa von mindestens 4 %.

Blick in die Glaskugel

Sehr wichtig festzuhalten ist aber, dass die Märkte in erster Linie in die Zukunft schauen und schon jetzt die erwarteten künftigen Entwicklungen antizipieren. Dabei versuchen sie die Auswirkungen auf Zinsniveau und Inflation einzupreisen. Hier steht natürlich auch die Frage im Raum, ob die zahlreichen Fiskalprogramme zu viel des Guten sein könnten und Gefahr laufen, die Wirtschaft zu überhitzen. Sind Politik und Zentralbanken bereit, dieses Risiko einzugehen?

Grafik 2: Geldmenge M3 der Eurozone | Jährliche Wachstumsrate

Die lockere Geldpolitik sollte schon in den vergangenen Jahren Unternehmer und Private zu höherer Kreditaufnahme locken. Dies ließ zusammen mit den Corona-Hilfsgeldern und den umfangreichen Anleihekäufen der Notenbanken die Geldmenge steigen. Im Euroraum hat sich das Wachstum der Geldmenge M3 (Bargeld, Sicht-, Termin-, Spareinlagen, andere geldnahe Anlagen) seit der Corona-Krise beschleunigt – von 5 % auf mehr als 10 %. Das ist fast der Höchstwert seit Gründung der Währungsunion.

Aber was sagt die Geldmenge über die zukünftige Inflation aus? Mit der Geldmenge lässt sich zwar nicht genau vorhersagen, wie sich die Inflation kurzfristig entwickelt. Aber für den mittel- bis langfristigen Trend der Inflation hat der Verlauf der Geldmenge nach wie vor eine Bedeutung. So hilft das niedrige Geldmengenwachstum in den zehn Jahren vor der Corona-Krise zu erklären, warum die Inflation im Euroraum im Durchschnitt dieser Zeitspanne deutlich unter dem EZB-Ziel von knapp 2 % liegt. Ein solches überdurchschnittliches Geldmengenwachstum zu ignorieren, könnte sich also als gefährlich erweisen. Warum die Zentralbanken derzeit aber noch Gelassenheit an den Tag legen, hängt mit einer Änderung in der Betrachtung der Inflationsentwicklung zusammen.

Die „neue Inflation“

Bisher sollte die Inflation nicht viel höher als 2 % liegen, aber im Jahr 2020 hat sich das zumindest in den USA geändert. Ab nun soll die Inflation im Durchschnitt ca. 2 % betragen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Teuerung jahrelang deutlich unter 2 % lag, darf sie nun also zunächst deutlich höher ausfallen. Sie könnte also erst überschießen, bevor die Notenbank eingreift. Die EZB befindet sich gerade im Prozess einer Strategieprüfung.

Grafik 3: Inflationserwartungen Eurozone und USA (5Y/5Y)

Eine ähnliche Vorgehensweise wäre somit durchaus auch für den Euroraum vorstellbar. Anhand von inflationsgeschützten Anleihen lassen sich die Inflationserwartungen der Marktteilnehmer herleiten. Auch wenn die ausgewiesenen Inflationsraten teilweise aufgrund von Verwerfungen in der Wirtschaft nach unten verzerrt waren, sind die Erwartungen im Einklang mit den laufend verbesserten Konjunkturaussichten zuletzt spürbar angestiegen.

Tanz der Renditen

Kommen wir aber abschließend wieder zurück zu den gestiegenen Renditen. Gemäß Lehrmeinung sollte sich das Zinsniveau mittel- bis langfristig nahe am nominalen Wirtschaftswachstum (Realwachstum plus Inflation) orientieren. Somit stehen derzeit den zuvor genannten Wachstumserwartungen in den USA Leitzinsen von praktisch null und in Europa sogar im Minusbereich gegenüber.

Grafik 4: Entwicklung Rendite | Staatsanleihen Deutschland und USA (10J)

Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen steht bei ca. 1,60 % und für Bundesanleihen bei ca. minus 0,30 %. Bezogen auf das jetzt noch sehr schwache, wenn nicht sogar schrumpfende Wachstum, sind die Zinsen also durchaus angemessen. Blicken wir aber ein paar Monate bis Quartale voraus, sind aufgrund der Erholung der Wirtschaft nach den Lockdowns steigende Renditen für Staatsanleihen jedenfalls zu rechtfertigen.

Auf den Punkt gebracht

Was die Leitzinsen und somit den Bereich für kurzfristige Veranlagungen betrifft, so wird das strukturelle Tiefzinsumfeld noch länger anhalten. Aktuelle Aussagen und Schätzungen der Notenbanker deuten darauf hin, dass die Zentralbanken weiterhin bereit sind, alles für die wirtschaftliche Erholung zu tun.

Neue strategische Wege der Notenbanken schränken die Aussicht auf rasche Zinsanhebungen ein, gleichzeitig ist offen, wie sie sich im Hinblick auf die steigenden Renditen am langen Laufzeitende noch positionieren werden. Die jüngsten Signale der amerikanischen Notenbank deuten in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sie bereit ist, die Konjunktur „heiß laufen“ zu lassen, bevor eine Anhebung der Leitzinsen tatsächlich auf die Tagesordnung rückt.

Im derzeitigen Umfeld zeigen die Inflationszahlen noch keinen besorgniserregenden Anstieg, selbst wenn der Aufwärtsdruck auf die Inflationserwartungen in den letzten Wochen stärker geworden ist.

Wichtige Hinweise

Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: FactSet, Stand 19.03.2021.  

Die hier dargestellten Angaben dienen, trotz sorgfältiger Recherche, ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzen nicht eine, insbesondere nach rechtlichen, steuerlichen und produktspezifischen Gesichtspunkten notwendige, individuelle Beratung für die darin beschriebenen Finanzinstrumente. Die Information stellt weder ein Anbot, noch eine Einladung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten dar und dient insbesondere nicht als Ersatz für eine umfassende Risikoaufklärung. 

Die jeweils gültigen Bedingungen jedes Finanzproduktes und weitere Informationen finden Sie unter www.spaengler.at bzw. beim jeweiligen Produktanbieter. Für Detailauskünfte zu Risiken und Kosten steht Ihnen Ihr persönlicher Berater im Bankhaus Spängler gerne zur Verfügung. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen wurden sorgfältig erarbeitet und beruhen auf Quellen, die als zuverlässig erachtet werden. 

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